Benachteiligte Kinder im Schwimmbecken/Immer mehr Nichtschwimmer
Immer mehr Nichtschwimmer und nur die Hälfte aller Kinder nach der vierten Klasse können schwimmen, berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 07.11.2012.
„Es gibt viele Kinder, die noch nie im Schwimmbad waren, wir müssen sie ans Wasser gewöhnen, damit sie die Angst verlieren“, sagt Hirlav. Er ist Schulsportleiter an der Hostatoschule, einer Grundschule im Frankfurter Stadtteil Höchst, in dem der Migrantenanteil bei vierzig Prozent liegt.
Von den sechzehn Drittklässlern der Hostatoschule, die sich an diesem Vormittag im Frankfurter Rebstockbad eingefunden haben, konnten drei vor Beginn des Schwimmunterrichts schwimmen. Wie viele es am Ende der Grundschulzeit sein werden, steht in den Sternen. Denn wie bei allen anderen Grundschülern in Hessen steht auch bei den Hostatoschülern während der gesamten Grundschulzeit nur ein Halbjahr lang Schwimmunterricht auf dem Stundenplan. Das sind jetzt noch zwölf Termine, bei denen sie jeweils höchstens 45 Minuten im Wasser sind. „Viel zu wenig“, findet Hirlav.
In der Tat reicht das offensichtlich nicht aus, um den Kindern Schwimmen beizubringen: Am Ende der Grundschulzeit hat nur die Hälfte der Jungen und Mädchen ein Jugendschwimmabzeichen erworben und kann somit sicher schwimmen, so das Ergebnis einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts Forsa aus dem Jahr 2010, die der DLRG in Auftrag gegeben hat.
Steigende Zahl von unsicheren Schwimmern
Nach Angaben der Eltern hat nur jedes fünfte Kind in der Schule schwimmen gelernt, der Rest eher in privaten Schwimmkursen oder mit den Eltern. Das ist schlimm, denn es ist erwiesen, dass ältere Kinder oder gar Erwachsene nur sehr selten noch schwimmen lernen.
Martin Janssen, Pressesprecher beim DLRG, klagt: „Die Rückgänge in der Schülergeneration sind gewaltig, wir haben eine deutliche Zunahme von unsicheren Schwimmern.“
Oft leben Nichtschwimmer in Ballungszentren
Anderthalb Stunden Aufwand, um eine halbe Stunde im Wasser zu sein, mehr Zeit bleibt den Schülern nicht - „und dann noch nicht mal im Schwimmerbecken“, ärgert sich Hirlav. Die dort für den Schwimmunterricht vorgesehene Bahn ist von Drittklässlern der Elsa-Brändström-Schule, einer Grundschule im reichen Frankfurter Westend, belegt. Wie kleine Frösche pflügen sie mit roten Badekappen und blauen Schwimmbrettern durchs Wasser.
Selbst im Schwimmbad sind sie privilegiert.
In der Tat haben Kinder aus sozial schwachen Familien beim Schwimmen das Nachsehen. Sie machen seltener als Kinder aus mittelständischen Familien einen außerschulischen Schwimmkurs und seltener ein Schwimmabzeichen.
Überdurchschnittlich oft seien die Nichtschwimmer Haupt- oder Gesamtschüler, sie lebten oft in Ballungszentren und hätten oft eine muslimische Religionszugehörigkeit.