Bedenkliches Marketing: Werbung für Medikamente für Kinder und Jugendliche

(DVCK e. V. - Aktion Kinder in Gefahr) Die PR-Webseite eines Pharmaherstellers sieht harmlos aus - doch letztlich empfiehlt sie Jugendlichen vor allem eins: Pillen aus dem eigenen Haus.

Auch Jugendliche bekommen Kopfschmerzen. Verantwortungsvolle Ärzte raten dann zuerst dazu, aktiv zu werden, sich abzulenken. Wenn die Bewegung an frischer Luft nicht hilft, kann Wärme oder Bettruhe die Lösung sein. Schmerzmedikamente werden erst bei Migräneattacken empfohlen.

Und so informiert eine neue Kampagne über den Segen der forschenden Pharmaindustrie auf der Internetseite “Initiative schmerzlos“, wie sie Schmerzen ihrer Kinder vorbeugen können. Auf den einführenden Seiten erfahren die Leser, dass Eltern in Deutschland meist zu lange abwarten würden, bis sie ihren "jugendlichen Kindern ein Medikament gegen ihre Schmerzen geben würden". Dass hinter den Informationen auf der Website nicht etwa eine medizinische Fachgesellschaft steckt, sondern mit Reckitt Benckiser (RB) ein Konzern, der neben Haushaltsreinigern auch Arzneimittel vertreibt, erfährt der Leser einzig im Impressum. Dass die Studie, auf die sich der anfangs zitierte Mediziner bezieht, ebenfalls durch RB finanziert wurde, verrät nur eine Fußnote.

Reckitt Benckiser vertreibt seit 1999 den Saft Nurofen gegen Fieber und Schmerzen für Kinder, Wirkstoff Ibuprofen. Seit 2013 sind Tabletten mit Zitronengeschmack und als leicht schluckbare Weichkapsel für Jugendliche im Programm - weil für diese Altersklasse "Kindersaft out" und "mit Geschmack was für Kinder" ist, wie es auf der RB-Firmenseite heißt.

Experten betrachten die Seite "Initiative schmerzlos" kritisch. Sie befürchten, dass Eltern und letztlich auch Jugendliche zu einem allzu leichtfertigen Einsatz von Schmerzmitteln verleitet werden. So sehr RB sich bemüht, neutral zu scheinen, spätestens unter dem Menüpunkt "Altersgerechte Schmerzmittel" lässt sich das Marketing nicht verbergen: Es werden zwar verschiedene medikamentöse Wirkstoffe wie Paracetamol oder Acetylsalicylsäure genannt, doch detailliert empfohlen wird, was RB vertreibt, nämlich "ein Schmerzmittel mit 200 mg Ibuprofen".

"Hinter dieser Web-Information versteckt sich Werbung", sagt Elke Brüser. Die Psychologin arbeitet bei der Zeitschrift "Gute Pillen, schlechte Pillen“ und hat sich auf die Analyse von Pharmamarketing spezialisiert. Eltern würden nur angeblich erfahren, wie sie ihrem Kind bei Schmerzen "schnell und verantwortungsvoll" helfen können, sagt Brüser. "Es fehlt die wesentliche Information, dass Schmerz ein wichtiges biologisches Warnsignal ist, das etwa Verletzungen, Entzündungen oder Überforderung anzeigt". So werde den Eltern nur ein schlechtes Gewissen gemacht.