Antwort des Bundesfrauenministeriums (Manuela Schwesig) auf Postkartenaktion von SOS-LEBEN bzgl. Geschlechtsselektion durch Abtreibung
Frau Bundesministerin Manuela Schwesig dankt für Ihre Mail. Aufgrund der Vielzahl der Zuschriften ist es der Ministerin leider nicht möglich, alle Anfragen selbst zu beantworten. Sie hat daher das Service-Team gebeten, Ihnen zu antworten.
In Ihrer Mail sprechen Sie sich für ein Verbot einer Geschlechtsselektion durch Abtreibung aus. Eine Einführung eines solchen Verbotes ist nicht erforderlich, da in Deutschland bereits eine ausreichende gesetzliche Grundlage besteht, um Geschlechterselektion durch Schwangerschaftsabbrüche zu verhindern.
Nicht-invasive pränatale Diagnostik an fetaler DNA aus mütterlichem Blut, wie der Praena-Test, unterfällt als vorgeburtliche genetische Untersuchung zur Feststellung genetischer Eigenschaften vollumfänglich dem Gendiagnostikgesetz (GenDG). Das bedeutet, dass eine solche Untersuchung unter einem Arztvorbehalt steht. Ein vorgeburtliche genetische Untersuchung darf zudem nur zu medizinischen Zwecken und nur vorgenommen werden, soweit sie auf bestimmte genetische Eigenschaften des Embryos oder Fötus abzielt, die nach dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft und Technik seine Gesundheit während der Schwangerschaft oder nach der Geburt beeinträchtigen, oder wenn eine Behandlung des Embryos oder Fötus mit einem Arzneimittel vorgesehen ist, dessen Wirkung durch bestimmte genetische Eigenschaften beeinflusst wird.
Das bedeutet, eine vorgeburtliche genetische Untersuchung an fetaler DNA zur alleinigen Feststellung des Geschlechts ist unzulässig. Mit Freiheits- oder Geldstrafe wird bestraft, wer eine vorgeburtliche genetische Untersuchung vornimmt, die nicht medizinischen Zwecken dient oder die nicht auf die o. g. genetischen Eigenschaften des Embryos oder des Fötus abzielt (s. § 25 Abs. 1 Nr. 3 GenDG).
§ 15 Abs. 1 S. 2 GenDG sieht für den Fall, dass anlässlich einer o. g. Untersuchung oder einer sonstigen vorgeburtlichen Untersuchung das Geschlecht eines Embryos oder Fötus festgestellt wird, vor, dass dies der Schwangeren mit ihrer Einwilligung nach Ablauf der zwölften Schwangerschaftswoche mitgeteilt werden kann. Eine Mitteilung des Geschlechts vor Ablauf der zwölften Schwangerschaftswoche wäre unzulässig. Da ein Schwangerschaftsabbruch ohne Indikation nur in den ersten zwölf Wochen, und nur unter einer Reihe weiterer Voraussetzungen, straffrei bleibt, ist ein generelles Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen zur Vermeidung einer vorgeburtlichen Geschlechtsselektion inadäquat und ungeeignet.
Zudem sind Sie der Auffassung, der Schwangerschaftsabbruch müsste generell verboten werden und bitten Frau Bundesministerin Schwesig, sich für ein entsprechendes weltweites Verbot einzusetzen. Dazu kann Folgendes mitgeteilt werden:
Nach § 218 Absatz 1 Satz 1 des Strafgesetzbuches (StGB) ist grundsätzlich jeder Schwangerschaftsabbruch strafbar. Der Straftatbestand gilt allerdings gemäß § 218a Absatz 1 StGB als nicht verwirklicht, wenn - neben anderen Voraussetzungen - zum Zeitpunkt des Schwangerschaftsabbruchs seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind, die Schwangere den Abbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nachgewiesen hat, dass sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat beraten lassen.
Das geltende Recht des Schwangerschaftsabbruchs wurde vom Deutschen Bundestag in einem sehr langen und komplizierten Verfahren beschlossen, der sich bei der Neufassung der §§ 218 ff. StGB an die Vorgaben aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Mai 1993 hielt. Das Bundesverfassungsgericht hatte u. a. entschieden, dass der Staat zwar eine Schutzpflicht für das werdende Leben habe, in dessen Rahmen er auf den Einsatz des Strafrechts und die davon ausgehende Schutzwirkung nicht frei verzichten könne, es ihm aber verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht verwehrt sei, in der Frühphase der Schwangerschaft in Schwangerschaftskonflikten den Schwerpunkt auf die Beratung der schwangeren Frau zu legen, um sie für das Austragen des Kindes zu gewinnen. § 218a Abs. 1 StGB liegt der Rechtsgedanke zugrunde, das Strafrecht im Interesse einer Beratung, die die Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft ermutigen soll, zurückzunehmen. Damit soll ein besserer Schutz des ungeborenen Lebens erreicht werden als mit einer Strafandrohung, die sich in der Vergangenheit als weitgehend wirkungslos erwiesen hatte.
Auf internationaler Ebene verfolgen wir ebenfalls mit Sorge die von Ihnen thematisierte Geschlechterselektion durch Abtreibung in manchen Teilen der Welt. Doch die Bundesregierung ist der Auffassung, dass ein weltweites Verbot der Geschlechtsselektion durch Abtreibung allein nicht zu einer Verbesserung der Situation führen würde. Die Erfahrungen aus der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit zeigen, dass ein Verbot nicht zwangsläufig zu einer Reduzierung der Abtreibungen führt, sondern dazu, dass die Abtreibungen zunehmend unsachgemäß durchgeführt werden und somit das Leben und die Gesundheit der betroffenen Mädchen und Frauen gefährden. Jährlich sterben ca. 47.000 Mädchen und Frauen aufgrund von unsachgemäß durchgeführten Schwangerschaftsabbrüchen. Mehr als 5 Millionen leiden unter den Komplikationen nach einer unsicheren Abtreibung.
Daher müssen vielmehr die Ursachen für diese Praktiken adressiert werden. Die Förderung der Gleichberechtigung der Geschlechter ist ein Grundsatz der deutschen Entwicklungspolitik; beispielsweise strebt sie eine Vermeidung von ungewollten Schwangerschaften als dem Hauptgrund von Schwangerschaftsabbrüchen durch eine breite und zuverlässige Versorgung mit Verhütungsmitteln an sowie die Förderung der Gesundheits- und Lebenskompetenz von Jugendlichen (z.B. durch umfassende Sexualaufklärung).
Dass speziell weibliche Föten in manchen Teilen der Welt vermehrt abgetrieben werden, ist in einem komplexen Zusammenhang sozialer und wirtschaftlicher Ursachen der jeweiligen Gesellschaft zu betrachten. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit unterstützt einen ganzheitlichen menschenrechtsbasierten Ansatz zur Bekämpfung jeglicher Diskriminierung und zur Förderung der Gleichberechtigung der Geschlechter. Mädchen und Frauen werden unterstützt, Zugang zu einer hochwertigen Bildung, sozialer Sicherung sowie gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Teilhabe zu erlangen. Der Zugang zu Informationen und Methoden der Familienplanung sowie eine zuverlässige Gesundheitsversorgung sind hierbei von besonderer Bedeutung.
Die deutsche Bundesregierung erachtet somit sowohl national als auch international ein Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen als nicht geeignet, um Geschlechtsselektion durch Abtreibung zu verhindern. In der Entwicklungszusammenarbeit wurden allerdings bereits Maßnahmen ergriffen, um dieser Besorgnis erregenden Praxis entgegen zu wirken. Die bestehenden Regelungen von Schwangerschaftsabbrüchen sowie Pränataldiagnostik in Deutschland sind ausreichend, um eine gezielte Abtreibung weiblicher Föten nicht zuzulassen.
Wir hoffen, dass wir Ihnen mit den Ausführungen weiterhelfen konnten.
In Ihrer Mail sprechen Sie sich für ein Verbot einer Geschlechtsselektion durch Abtreibung aus. Eine Einführung eines solchen Verbotes ist nicht erforderlich, da in Deutschland bereits eine ausreichende gesetzliche Grundlage besteht, um Geschlechterselektion durch Schwangerschaftsabbrüche zu verhindern.
Nicht-invasive pränatale Diagnostik an fetaler DNA aus mütterlichem Blut, wie der Praena-Test, unterfällt als vorgeburtliche genetische Untersuchung zur Feststellung genetischer Eigenschaften vollumfänglich dem Gendiagnostikgesetz (GenDG). Das bedeutet, dass eine solche Untersuchung unter einem Arztvorbehalt steht. Ein vorgeburtliche genetische Untersuchung darf zudem nur zu medizinischen Zwecken und nur vorgenommen werden, soweit sie auf bestimmte genetische Eigenschaften des Embryos oder Fötus abzielt, die nach dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft und Technik seine Gesundheit während der Schwangerschaft oder nach der Geburt beeinträchtigen, oder wenn eine Behandlung des Embryos oder Fötus mit einem Arzneimittel vorgesehen ist, dessen Wirkung durch bestimmte genetische Eigenschaften beeinflusst wird.
Das bedeutet, eine vorgeburtliche genetische Untersuchung an fetaler DNA zur alleinigen Feststellung des Geschlechts ist unzulässig. Mit Freiheits- oder Geldstrafe wird bestraft, wer eine vorgeburtliche genetische Untersuchung vornimmt, die nicht medizinischen Zwecken dient oder die nicht auf die o. g. genetischen Eigenschaften des Embryos oder des Fötus abzielt (s. § 25 Abs. 1 Nr. 3 GenDG).
§ 15 Abs. 1 S. 2 GenDG sieht für den Fall, dass anlässlich einer o. g. Untersuchung oder einer sonstigen vorgeburtlichen Untersuchung das Geschlecht eines Embryos oder Fötus festgestellt wird, vor, dass dies der Schwangeren mit ihrer Einwilligung nach Ablauf der zwölften Schwangerschaftswoche mitgeteilt werden kann. Eine Mitteilung des Geschlechts vor Ablauf der zwölften Schwangerschaftswoche wäre unzulässig. Da ein Schwangerschaftsabbruch ohne Indikation nur in den ersten zwölf Wochen, und nur unter einer Reihe weiterer Voraussetzungen, straffrei bleibt, ist ein generelles Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen zur Vermeidung einer vorgeburtlichen Geschlechtsselektion inadäquat und ungeeignet.
Zudem sind Sie der Auffassung, der Schwangerschaftsabbruch müsste generell verboten werden und bitten Frau Bundesministerin Schwesig, sich für ein entsprechendes weltweites Verbot einzusetzen. Dazu kann Folgendes mitgeteilt werden:
Nach § 218 Absatz 1 Satz 1 des Strafgesetzbuches (StGB) ist grundsätzlich jeder Schwangerschaftsabbruch strafbar. Der Straftatbestand gilt allerdings gemäß § 218a Absatz 1 StGB als nicht verwirklicht, wenn - neben anderen Voraussetzungen - zum Zeitpunkt des Schwangerschaftsabbruchs seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind, die Schwangere den Abbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nachgewiesen hat, dass sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat beraten lassen.
Das geltende Recht des Schwangerschaftsabbruchs wurde vom Deutschen Bundestag in einem sehr langen und komplizierten Verfahren beschlossen, der sich bei der Neufassung der §§ 218 ff. StGB an die Vorgaben aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Mai 1993 hielt. Das Bundesverfassungsgericht hatte u. a. entschieden, dass der Staat zwar eine Schutzpflicht für das werdende Leben habe, in dessen Rahmen er auf den Einsatz des Strafrechts und die davon ausgehende Schutzwirkung nicht frei verzichten könne, es ihm aber verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht verwehrt sei, in der Frühphase der Schwangerschaft in Schwangerschaftskonflikten den Schwerpunkt auf die Beratung der schwangeren Frau zu legen, um sie für das Austragen des Kindes zu gewinnen. § 218a Abs. 1 StGB liegt der Rechtsgedanke zugrunde, das Strafrecht im Interesse einer Beratung, die die Frau zur Fortsetzung der Schwangerschaft ermutigen soll, zurückzunehmen. Damit soll ein besserer Schutz des ungeborenen Lebens erreicht werden als mit einer Strafandrohung, die sich in der Vergangenheit als weitgehend wirkungslos erwiesen hatte.
Auf internationaler Ebene verfolgen wir ebenfalls mit Sorge die von Ihnen thematisierte Geschlechterselektion durch Abtreibung in manchen Teilen der Welt. Doch die Bundesregierung ist der Auffassung, dass ein weltweites Verbot der Geschlechtsselektion durch Abtreibung allein nicht zu einer Verbesserung der Situation führen würde. Die Erfahrungen aus der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit zeigen, dass ein Verbot nicht zwangsläufig zu einer Reduzierung der Abtreibungen führt, sondern dazu, dass die Abtreibungen zunehmend unsachgemäß durchgeführt werden und somit das Leben und die Gesundheit der betroffenen Mädchen und Frauen gefährden. Jährlich sterben ca. 47.000 Mädchen und Frauen aufgrund von unsachgemäß durchgeführten Schwangerschaftsabbrüchen. Mehr als 5 Millionen leiden unter den Komplikationen nach einer unsicheren Abtreibung.
Daher müssen vielmehr die Ursachen für diese Praktiken adressiert werden. Die Förderung der Gleichberechtigung der Geschlechter ist ein Grundsatz der deutschen Entwicklungspolitik; beispielsweise strebt sie eine Vermeidung von ungewollten Schwangerschaften als dem Hauptgrund von Schwangerschaftsabbrüchen durch eine breite und zuverlässige Versorgung mit Verhütungsmitteln an sowie die Förderung der Gesundheits- und Lebenskompetenz von Jugendlichen (z.B. durch umfassende Sexualaufklärung).
Dass speziell weibliche Föten in manchen Teilen der Welt vermehrt abgetrieben werden, ist in einem komplexen Zusammenhang sozialer und wirtschaftlicher Ursachen der jeweiligen Gesellschaft zu betrachten. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit unterstützt einen ganzheitlichen menschenrechtsbasierten Ansatz zur Bekämpfung jeglicher Diskriminierung und zur Förderung der Gleichberechtigung der Geschlechter. Mädchen und Frauen werden unterstützt, Zugang zu einer hochwertigen Bildung, sozialer Sicherung sowie gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Teilhabe zu erlangen. Der Zugang zu Informationen und Methoden der Familienplanung sowie eine zuverlässige Gesundheitsversorgung sind hierbei von besonderer Bedeutung.
Die deutsche Bundesregierung erachtet somit sowohl national als auch international ein Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen als nicht geeignet, um Geschlechtsselektion durch Abtreibung zu verhindern. In der Entwicklungszusammenarbeit wurden allerdings bereits Maßnahmen ergriffen, um dieser Besorgnis erregenden Praxis entgegen zu wirken. Die bestehenden Regelungen von Schwangerschaftsabbrüchen sowie Pränataldiagnostik in Deutschland sind ausreichend, um eine gezielte Abtreibung weiblicher Föten nicht zuzulassen.
Wir hoffen, dass wir Ihnen mit den Ausführungen weiterhelfen konnten.