Anstieg von Entwicklungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen durch übermäßige Mediennutzung

Anstieg von Entwicklungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen durch übermäßige Mediennutzung

Maximilian Klieber

In den vergangenen zehn Jahren hat die Zahl der motorischen Entwicklungsstörungen sowie der Sprach- und Sprechstörungen bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland deutlich zugenommen. Diese Entwicklung zeigt eine aktuelle Auswertung der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) auf Basis von Versichertendaten. Insbesondere Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren sind davon betroffen. In dieser Altersgruppe stieg die Diagnose von Sprach- und Sprechstörungen von 2013 bis 2023 um rund 104 %, während bei motorischen Entwicklungsstörungen ein Anstieg von etwa 77 % verzeichnet wurde.

Als mögliche Ursachen dieser Entwicklung nennen Fachleute die zunehmende Mediennutzung. Martin Korte, Neurobiologe an der Technischen Universität Braunschweig, betonte, dass die ständige Interaktion über soziale Medien die Sprachkompetenz beeinträchtigen könne, da der schnelle Wechsel zwischen digitalen und alltäglichen Aufgaben die Konzentrationsspanne verkürze und den Wortschatz limitiere. Die intensive Nutzung von Smartphones führe zudem zu einer vermehrten Dopaminausschüttung, was das Suchtpotenzial digitaler Medien verstärke. Die Impulskontrolle sei bei Jugendlichen in der Pubertät noch nicht vollständig entwickelt, sodass soziale Medien ähnliche Abhängigkeiten hervorrufen könnten wie Drogen oder Glücksspiel.

Ein weiteres Problem ist die eingeschränkte Entwicklung von Empathie bei intensiver Bildschirmnutzung, so Korte. „Die Gehirnareale, die auf das Verständnis und Mitgefühl für andere Menschen spezialisiert sind, entwickeln sich bei übermäßiger Nutzung langsamer,“ erklärte er. Franziska Klemm von der KKH betont, dass ein bewusster Umgang mit digitalen Medien essenziell für eine gesunde Entwicklung sei. Familie, Freunde und reale Erlebnisse sollten dabei keinesfalls zu kurz kommen, um das seelische und soziale Wohlbefinden zu fördern.

Hinzu kommen die Gefahren durch Cybermobbing, wie eine Forsa-Umfrage zeigt: Rund ein Fünftel der Jugendlichen hat bereits negative Erfahrungen wie Beleidigungen oder Bedrohungen in sozialen Netzwerken gemacht. Diese Form der Gewalt kann Depressionen und Ängste fördern, weshalb die Prävention und Aufklärung über einen risikoarmen Umgang mit digitalen Medien eine hohe Bedeutung hat.

Abschließend betonte Korte, dass Medienkompetenz und eine gesunde Balance zwischen digitalen und realen Kontakten der Schlüssel zu einem reflektierten Medienkonsum seien. Nur so könnten die Vorteile digitaler Medien genossen und gleichzeitig Risiken minimiert werden.