Ärzte warnen: Kinder nutzen zu früh das Smartphone
Christiane Jurczik
Wie gefährlich der Umgang mit Smartphones für Kinder wirklich ist, hat nun eine neue Langzeitstudie herausgefunden. Die Ergebnisse sind erschreckend!
Mit einem Budget von 300 Millionen Dollar können US-Forscher umfassende Untersuchungen anstellen, um die dringende Frage zu beantworten: Wie schädlich sind Smartphones wirklich für unsere Kinder? Die Studie ist auf zehn Jahre angelegt, mehr als 11.000 Kinder sollen zu ihrem digitalen Konsum befragt werden. Die ersten Auswertungen hat die Forschungsgruppe jetzt präsentiert. Und die Ergebnisse sind alarmierend.
Aufnahmen aus dem MRT zeigen eindeutig: Verbringt ein Kind mehr als sieben Stunden vor seinem Smartphone, Tablet oder Fernseher, verändert sich das Gehirn! Die Folge: eine vorzeitige Verdünnung des Kortex. Die äußerste Schicht des Gehirns, Kortex genannt, ist für die Verarbeitung von Sinneseindrücken zuständig. Die Verdünnung ist ein normaler Alterungsprozess, tritt aber normalerweise nicht im Kindesalter auf.
Es droht Verdummung
Auch der Präsident der Kinder- und Jugendärzte warnt vor zu frühem Umgang mit Smartphones und Tablets. „Kinder, die vor dem Smartphone oder Tablet hängen, werden immer jünger“, sagt der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Thomas Fischbach. Das habe „katastrophale Folgen für die kindliche Entwicklung“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Fischbach macht die ständige „Reizüberflutung“ für immer häufigere Konzentrationsschwächen verantwortlich, die sich auch auf die Leistungen in der Schule negativ auswirken. Der Arzt empfiehlt, Kindern das Handy vor einem Alter von elf Jahren komplett vorzuenthalten. „Je länger man die Smartphone-Nutzung der Kinder hinausschiebt, umso besser“, sagt er.
Es droht Abhängigkeit
Die Frage nach der Abhängigkeit wollten die Forscher während der groß angelegten Langzeitstudie ebenfalls klären. Erste Untersuchungen haben ergeben, dass beim Gebrauch von Smartphones das Glückshormon Dopamin ausgeschüttet wird. Genau wie bei Süchtigen mit anderen Drogen.
„Mit Smartphones ist es wie mit Süßigkeiten – man muss ihren Konsum begrenzen“, sagte Bettina Wabbels, Leiterin der Abteilung für Orthoptik, Neuro- und pädiatrische Ophthalmologie der Universitäts-Augenklinik Bonn. Dabei gelte auch: Je jünger ein Kind ist, desto weniger sollte es die neuen Medien nutzen.
Es droht Kurzsichtigkeit
Die Wahrscheinlichkeit, eine Kurzsichtigkeit zu entwickeln, steigt mit dem frühen Gebrauch von Smartphone und Co. In Deutschland ist inzwischen fast die Hälfte aller jungen Erwachsenen kurzsichtig.
Der Grund hierfür ist, dass bei der Nutzung elektronischer Medien die Aufmerksamkeit der Kinder für eine lange Zeit stark auf den Nahbereich fokussiert ist – mehr noch als beim Anschauen von Büchern. Das führt dazu, dass der Augapfel wächst und das Auge länger wird. Diese Verlängerung wiederum hat die Kurzsichtigkeit zu Folge – eine Entwicklung, die nicht mehr umkehrbar ist, sondern ein Leben lang bestehen bleibt.
Auch ist die sogenannte Myopathie umso stärker, je früher sie einsetzt. Abgesehen davon, dass Betroffene eine Brille oder Kontaktlinsen tragen müssen, kann sie weitere Konsequenzen haben: „Myope Menschen haben auch ein größeres Risiko für schwerwiegende Folgeerkrankungen wie Netzhautablösung, Schädigungen der Makula oder für erhöhten Augeninnendruck, der zu Grünem Star führt“, so die Fachleute. Hinzu komme, dass Kinder in ihrer frühen Entwicklung das räumliche Sehen erlernen müssen – das ermöglichten flache Bildschirme nicht.
Aus augenärztlicher Sicht ist der Gebrauch von Tablets oder Smartphones erst ab einem Alter von vier Jahren vertretbar. Zwischen dem vierten und sechsten Lebensjahr sollte die maximale tägliche Nutzungsdauer dabei 30 Minuten nicht überschreiten, was sich auch mit der Einschätzung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung deckt. Im Grundschulalter sei eine Nutzung von täglich bis zu einer Stunde akzeptabel. Für Jugendliche halten die Experten eine Dauer von täglich zwei Stunden (für den privaten Gebrauch zusätzlich zum Gebrauch in der Schule) für tolerierbar.