Handy und Computer lässt Kinder schlechter lernen
Christiane Jurczik
Vor allem bei Kindern sind die Auswirkungen von Smartphones verheerend. Eine Studie zeigt: Eltern sind oft machtlos. Alle paar Minuten geht der Griff zum Smartphone. Die internetfähigen Handys sind zum ständigen digitalen Begleiter von Kindern und Jugendlichen geworden. Die große Mehrheit von ihnen besitzt bereits solch einen mobilen Zugang zum Internet und wickelt ihre Kommunikation darüber ab. Wer kein Smartphone hat, wird ausgeschlossen.
Immer wieder stellen sich Eltern dieselben Fragen: Wie viel Zeit darf mein Kind mit dem Smartphone verbringen, wie häufig sollte es Sport machen und wann gehört es ins Bett? Kanadische Experten haben speziell dafür vorliegende Ergebnisse aus Studie und Forschung im Jahr 2016 erlassen: mindestens eine Stunde körperliche Bewegung täglich, nicht mehr als zwei Stunden vor einem Bildschirm und zwischen neun und elf Stunden Schlaf.
Doch kaum ein Kind erfüllt heutzutage diese Normen. In den USA hat das jetzt auch eine von der dortigen Gesundheitsforschungsinstitution NIH finanzierte Studie ergeben. Von 4520 untersuchten Kindern im Alter von acht bis elf Jahren aus 20 Orten der USA erfüllte fast ein Drittel (1330) keine einzige der drei Maßgaben, und 41 Prozent (1845) nur eine davon.
Weniger Smartphone – bessere Lerntests
Weiterhin erklären die Forscher: Verbringen Kinder mehr als zwei Stunden ihrer Freizeit pro Tag am Bildschirm (der Durchschnitt liegt in den USA bei 3,6 Stunden), dann schnitten sie bei Lerntests schlechter ab als Gleichaltrige, die weniger fern sehen oder auf Smartphone- oder Computerbildschirme starren. Das betont das Forscherteam um Jeremy Walsh vom Children's Hospital of Eastern Ontario, Kanada, im Fachblatt „Lancet Child & Adolescent Health“. Zwar sei noch mehr Forschung nötig, um den Zusammenhang zwischen Bildschirmzeit und Denkfähigkeit besser zu verstehen aber schon jetzt sollten Kinderärzte, Eltern, Erzieher und Politiker sich dafür einsetzen, die Bildschirmzeit zu begrenzen und gesunde Schlafgewohnheiten im Kindes- und Jugendalter zur Priorität zu machen, sagt Walsh. Nur die Hälfte der Kinder bekomme der Studie zufolge die für ihr Alter empfohlene Menge Schlaf.
Deutschland bleibt gesetzlos – Eltern versagen bei Erziehung von Smartphone Konsum
In den vergangenen Jahren hatten schon andere Studien gezeigt, dass ausufernder Konsum elektronischer Medien – aber auch wenig Bewegung und Schlaf sowie ungünstige Ernährung – die Entwicklung und Gesundheit im Jugendalter und auch danach negativ beeinflussen können. In Deutschland gibt es bislang keine offiziellen Richtlinien bezüglich Mediennutzung, Schlaf sowie Bewegung bei Kindern und Jugendlichen. In anderen Ländern – etwa Südkorea, dem weltweit größten Smartphone-Produzenten – ist das anders. Hier ist per Gesetz festgelegt, dass Personen unter 19 Jahren nur Smartphones erwerben dürfen, auf denen Pornografie und Gewalt per Software geblockt sind. Eltern werden zudem ab einer bestimmten Zeit der Bildschirmnutzung ihrer Kinder automatisch benachrichtigt. Auch Spiele-Server werden dort um Mitternacht abgeschaltet.
Die befragten Eltern sehen sich bei der „Handy-Erziehung“ vor Schwierigkeiten gestellt: Sie leiden unter Machtlosigkeit, Kontrollverlust und Überforderung. Um das Ausmaß des Handykonsums der Kinder gibt es häufig Streit in den Familien.
Der Ulmer Psychiatrie-Professor, Manfred Spitzer sagte dem Tagesspiegel, die Studie zeige klar, dass Kinder und Jugendliche „im Hinblick auf die Entwicklung ihrer Denkfähigkeit durch zu viel Bildschirmzeit leiden“. Spitzer zufolge, werde es „höchste Zeit, dass die Politik damit aufhört, den Alltag unserer Kinder noch mehr digitalisieren zu wollen, als dies jetzt schon der Fall ist“.
Mit Informationen aus: faz.net/aktuell/feuilleton/familie/studie-ueber-die-folgen-von-smartphones-fuer-kinderl und kindergesundheit-info.de/themen/medien/mediennutzung/medien-risiken/