130 getötete Kinder im Jahr 2015, andere Delikte steigen teilweise um 51 Prozent
(PM Deutsche Kinderhilfe) Die Deutsche Kinderhilfe hat heute gemeinsam mit dem Präsidenten des Bundeskriminalamtes, Holger Münch, der Professorin für klassische und neue Arbeitsfelder der Pädagogik der Frühen Kindheit an der HS Koblenz, Kathinka Beckmann und der Regionalleiterin des regionalen Sozialpädagogischen Dienstes, Region Gesundbrunnen im Jugendamt Berlin-Mitte, Kerstin Kubisch-Piesk, die Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik 2015 zu kindlichen Gewaltopfern vorgestellt.
In der Bundespressekonferenz erläuterte BKA Präsident Holger Münch, dass im Jahr 2015 insgesamt 130 Kinder getötet wurden. 81 Prozent von ihnen waren zum Zeitpunkt des Todes jünger als sechs Jahre. In 52 weiteren Fällen blieb es bei einem Tötungsversuch.
Die Fallzahl vollendeter fahrlässiger Kindstötungen stieg um 51 Prozent an. Die Landeskriminalämter der Länder Rheinland-Pfalz und Sachsen meldeten in diesem Bereich einen Anstieg von 300 Prozent, Hessen musste einen Anstieg von 500 Prozent bekannt geben.
Die Zahl der Fälle gegen Kinder gerichteter körperlicher Misshandlungen sank um sechs Prozent. 3.929 Kinder waren hiervon betroffen. Im Bereich sexueller Gewalt weist die Statistik einen geringen Rückgang von 3,24 Prozent auf, doch wurden noch immer 13.928 Fälle registriert. Das sind fast 270 Fälle sexueller Gewalt gegen Kinder pro Woche – 38 betroffene Kinder jeden Tag.
Die in der Polizeilichen Kriminalstatistik erfassten Fallzahlen des Besitzes und der Verbreitung kinderpornografischen Materials verringerten sich im Vergleich zum Vorjahr, trotz der Erfolge des Bundeskriminalamtes bei der Löschung von im Inland gehosteten kinderpornographischen Internetangeboten im Vorjahr, um nur 0,52 Prozent.
„Kinder werden täglich Opfer von Gewalt und Misshandlung. Sie werden vernachlässigt, sexuell missbraucht und die Bilder des Missbrauchs im Internet veröffentlicht. Kinderpornographie ist ein Massenphänomen.“, erklärt BKA Präsident Holger Münch und verdeutlicht: „Die PKS ist Beleg für viele solcher Fälle – und das, obwohl sie nur das Hellfeld der Kriminalität beschreibt. Wir müssen davon ausgehen, dass viele Taten unentdeckt bleiben. Darüber hinaus nutzen pädophile Täter beim sogenannten „sexting“ und „grooming“ die Arg- und Sorglosigkeit der Kinder und Jugendlichen aus und animieren diese, beispielsweise intime Bilder von sich freizugeben. Neben der konsequenten Strafverfolgung, der ständigen Weiterentwicklung von Ermittlungsinstrumenten, wird daher Prävention und Aufklärung über die Gefahren im Netz immer wichtiger.“
Prof. Kathinka Beckmann verdeutlicht das Ausmaß der gegen Kinder verübten Gewalt: „Experten gehen davon aus, dass sich hinter jedem der statistisch erfassten Kinder fünf weitere Gewaltopfer verbergen.“ Die Sozialwissenschaftlerin fordert ein Umdenken der Bundesregierung: „Ein Ausruhen auf den Maßnahmen des seit vier Jahren umgesetzten Bundeskinderschutzgesetzes ist mit diesen Zahlen nicht möglich, zumal dieses Gesetz die strukturelle Problematik der Jugendhilfe – nämlich die Ausrichtung an wirtschaftlichen statt an bedarfsgerechten Maßstäben – nicht gelöst hat. Solange allerdings die Politik lieber über die Subventionierung der Autoindustrie debattiert, sich die Bevölkerung eher über gequälte Tiere als über gequälte und zu Tode geprügelte Kinder empört, wird sich auch in Zukunft wenig ändern.“
Dem stimmt auch Kerstin Kubisch-Piesk, Regionalleiterin des regionalen Sozialpädagogischen Dienstes, Region Gesundbrunnen im Jugendamt Berlin-Mitte, zu. „Kinderschutz und Qualität gibt es nicht zum Nulltarif. Durch den Personalabbau sind die Jugendämter am Ende ihrer Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit, Reflektion und Analyse kommen zu kurz, nicht die Qualität einer Maßnahme entscheidet über die Ein- oder Fortsetzung, sondern ihre Kosten.“ Strukturelle Mängel in der Kinder- und Jugendhilfe nähmen den Helfenden Zeit und Kraft für die Kinder und Familien. Eindringlich warnt Kerstin Kubisch-Piesk vor dieser Entwicklung: „Die Zusammenarbeit mit den Familien ist Kernaufgabe im Kinderschutz, denn wer in Krisen keinen Kontakt zu Familien herstellen kann, ist als KinderschützerIn vom Scheitern bedroht."
Rainer Becker, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Kinderhilfe e.V., fordert einen ganzheitlichen Wandel: „Kinderschutz ist keine freiwillige Wohltätigkeit, sondern originäre Pflicht des Staates. Wir bitten nicht um Unterstützung, sondern fordern einen Paradigmenwechsel. Wir fordern mehr Geld und Zeit für Qualität, wir fordern, dass die Stimmen aller Beteiligten, also auch jene der einzelnen Mitarbeitenden, der Kinder und ihrer Familien, gehört werden. Wir fordern eine durchgängige wissenschaftliche Begleitung von Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe und die gesetzliche Pflicht zur Analyse von fehlgegangenen Hilfefällen. Wir fordern echte Netzwerkarbeit in der Bundesrepublik und niedrigschwellige Hilfsangebote. Wir fordern verpflichtende Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zum Kinderschutz für alle, die mit und für Kinder arbeiten und, dass die Medien und die Zivilgesellschaft entschlossen für Kinder eintreten.“
Die Deutsche Kinderhilfe ist die staatlich unabhängige Lobbyorganisation für Kinder. Sie informiert die Öffentlichkeit über Missstände und leistet bundesweite Projektarbeit, um Veränderungen im Sinne von mehr Kinderschutz und Kinderrechten auf faktischer, gesetzlicher und politischer Ebene zu erzielen.
In der Bundespressekonferenz erläuterte BKA Präsident Holger Münch, dass im Jahr 2015 insgesamt 130 Kinder getötet wurden. 81 Prozent von ihnen waren zum Zeitpunkt des Todes jünger als sechs Jahre. In 52 weiteren Fällen blieb es bei einem Tötungsversuch.
Die Fallzahl vollendeter fahrlässiger Kindstötungen stieg um 51 Prozent an. Die Landeskriminalämter der Länder Rheinland-Pfalz und Sachsen meldeten in diesem Bereich einen Anstieg von 300 Prozent, Hessen musste einen Anstieg von 500 Prozent bekannt geben.
Die Zahl der Fälle gegen Kinder gerichteter körperlicher Misshandlungen sank um sechs Prozent. 3.929 Kinder waren hiervon betroffen. Im Bereich sexueller Gewalt weist die Statistik einen geringen Rückgang von 3,24 Prozent auf, doch wurden noch immer 13.928 Fälle registriert. Das sind fast 270 Fälle sexueller Gewalt gegen Kinder pro Woche – 38 betroffene Kinder jeden Tag.
Die in der Polizeilichen Kriminalstatistik erfassten Fallzahlen des Besitzes und der Verbreitung kinderpornografischen Materials verringerten sich im Vergleich zum Vorjahr, trotz der Erfolge des Bundeskriminalamtes bei der Löschung von im Inland gehosteten kinderpornographischen Internetangeboten im Vorjahr, um nur 0,52 Prozent.
„Kinder werden täglich Opfer von Gewalt und Misshandlung. Sie werden vernachlässigt, sexuell missbraucht und die Bilder des Missbrauchs im Internet veröffentlicht. Kinderpornographie ist ein Massenphänomen.“, erklärt BKA Präsident Holger Münch und verdeutlicht: „Die PKS ist Beleg für viele solcher Fälle – und das, obwohl sie nur das Hellfeld der Kriminalität beschreibt. Wir müssen davon ausgehen, dass viele Taten unentdeckt bleiben. Darüber hinaus nutzen pädophile Täter beim sogenannten „sexting“ und „grooming“ die Arg- und Sorglosigkeit der Kinder und Jugendlichen aus und animieren diese, beispielsweise intime Bilder von sich freizugeben. Neben der konsequenten Strafverfolgung, der ständigen Weiterentwicklung von Ermittlungsinstrumenten, wird daher Prävention und Aufklärung über die Gefahren im Netz immer wichtiger.“
Prof. Kathinka Beckmann verdeutlicht das Ausmaß der gegen Kinder verübten Gewalt: „Experten gehen davon aus, dass sich hinter jedem der statistisch erfassten Kinder fünf weitere Gewaltopfer verbergen.“ Die Sozialwissenschaftlerin fordert ein Umdenken der Bundesregierung: „Ein Ausruhen auf den Maßnahmen des seit vier Jahren umgesetzten Bundeskinderschutzgesetzes ist mit diesen Zahlen nicht möglich, zumal dieses Gesetz die strukturelle Problematik der Jugendhilfe – nämlich die Ausrichtung an wirtschaftlichen statt an bedarfsgerechten Maßstäben – nicht gelöst hat. Solange allerdings die Politik lieber über die Subventionierung der Autoindustrie debattiert, sich die Bevölkerung eher über gequälte Tiere als über gequälte und zu Tode geprügelte Kinder empört, wird sich auch in Zukunft wenig ändern.“
Dem stimmt auch Kerstin Kubisch-Piesk, Regionalleiterin des regionalen Sozialpädagogischen Dienstes, Region Gesundbrunnen im Jugendamt Berlin-Mitte, zu. „Kinderschutz und Qualität gibt es nicht zum Nulltarif. Durch den Personalabbau sind die Jugendämter am Ende ihrer Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit, Reflektion und Analyse kommen zu kurz, nicht die Qualität einer Maßnahme entscheidet über die Ein- oder Fortsetzung, sondern ihre Kosten.“ Strukturelle Mängel in der Kinder- und Jugendhilfe nähmen den Helfenden Zeit und Kraft für die Kinder und Familien. Eindringlich warnt Kerstin Kubisch-Piesk vor dieser Entwicklung: „Die Zusammenarbeit mit den Familien ist Kernaufgabe im Kinderschutz, denn wer in Krisen keinen Kontakt zu Familien herstellen kann, ist als KinderschützerIn vom Scheitern bedroht."
Rainer Becker, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Kinderhilfe e.V., fordert einen ganzheitlichen Wandel: „Kinderschutz ist keine freiwillige Wohltätigkeit, sondern originäre Pflicht des Staates. Wir bitten nicht um Unterstützung, sondern fordern einen Paradigmenwechsel. Wir fordern mehr Geld und Zeit für Qualität, wir fordern, dass die Stimmen aller Beteiligten, also auch jene der einzelnen Mitarbeitenden, der Kinder und ihrer Familien, gehört werden. Wir fordern eine durchgängige wissenschaftliche Begleitung von Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe und die gesetzliche Pflicht zur Analyse von fehlgegangenen Hilfefällen. Wir fordern echte Netzwerkarbeit in der Bundesrepublik und niedrigschwellige Hilfsangebote. Wir fordern verpflichtende Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zum Kinderschutz für alle, die mit und für Kinder arbeiten und, dass die Medien und die Zivilgesellschaft entschlossen für Kinder eintreten.“
Die Deutsche Kinderhilfe ist die staatlich unabhängige Lobbyorganisation für Kinder. Sie informiert die Öffentlichkeit über Missstände und leistet bundesweite Projektarbeit, um Veränderungen im Sinne von mehr Kinderschutz und Kinderrechten auf faktischer, gesetzlicher und politischer Ebene zu erzielen.